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Gedenken zum 40. Todestag von Jusuf Gervalla

Autor: Frau Riecker
Artikel vom 13.01.2022

Was geschah am späten Abend des 17. Januar 1982 in Untergruppenbach?

Es war gegen 22:15 Uhr an einem verschneiten Sonntagabend als die drei Exil-Jugoslawen/Kosovo-Albaner Jusuf Gervalla (36) sein Bruder Bardosh (31) und deren Freund Zeka Kadri (28) mit ihrem BMW aus der Garagenausfahrt der Habichthöhe fahren und bei einem Stopp nur wenige Meter später, von zwei Unbekannten auf offener Straße erschossen werden. Insgesamt zwölfmal wurde auf die drei Männer im Auto geschossen. Die Kugeln trafen die Insassen in die Lunge, Herz und das Genick.

Der Fahrer und der Beifahrer des Wagens waren sofort tot, Jusuf Gervalla, der auf dem Rücksitz saß, überlebte den Anschlag vorerst schwer verletzt, starb jedoch wenige Stunden später im Krankenhaus an den Folgen seiner lebensbedrohlichen Verletzungen.

Als die Polizei am Tatort eintraf, beschuldigte Gervalla den jugoslawischen Geheimdienst UDBA für das Attentat verantwortlich zu sein. Da es sich bei den Opfern um Exil-Jugoslawen albanischer Volkszugehörigkeit handelte, die allesamt politische Aktivisten/Freiheitskämpfer und Befürworter eines unabhängigen Kosovo waren, war dies nicht auszuschließen.  Besonders Jusuf Gervalla, der als Dichter, Musiker und Kulturjournalist, aber auch als ein scharfer Kritiker des sozialistischen Jugoslawiens unter dem damaligen Tito-Regime galt, war der jugoslawischen Regierung ein Dorn im Auge und wurde zum Staatsfeind erklärt. Gervalla beantragte daraufhin politisches Asyl für sich und seine Familie in Deutschland und hatte dieses auch erhalten. 

Das Attentat auf die drei Freiheitskämpfer galt damals als der blutigste und brutalste Anschlag auf Ausländer in Baden-Württemberg. Der zu der Zeit baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth warnte daraufhin ausländische Extremisten davor, ihre Auseinandersetzungen in Deutschland gewaltsam auszutragen.

Die Polizei gründete eigens für diesen grausamen Fall eine Sonderkommission namens „Untergruppenbach“ und die Staatsanwaltschaft Heilbronn setzte eine Belohnung von 10.000 Mark zur Ergreifung der Täter aus. Schnell fiel der Verdacht bei den Ermittlungen, wie Gervalla bereits ahnte, auf ein politisches Attentat, da vor allem das „professionelle Vorgehen“ sowie die grausame Art und Weise, wie die Opfer getötet wurden als Indizien für die Tätigkeit des Geheimdienstes schließen ließen. Dennoch konnte die Tat bis heute nie abschließend aufgeklärt werden.

Jusuf Gervalla wurde wie auch sein Bruder Bardosh und deren Freund Zeka Kadri in der Nähe von Stuttgart beigesetzt. Nach Ende des Jugoslawienkriegs, wurden die sterblichen Überreste der Opfer dann im Jahr 2002, zwanzig Jahre nach der Ermordung, in deren Heimatdorf Dubovik im Westen des Kosovo rückgeführt. Mehr als 10 000 Menschen nahmen an der erneuten Beisetzung der Volkshelden teil.

Zahlreiche Gedenkstätten wurden nach dem Volkshelden in seinem Heimatland benannt. So ist es nicht verwunderlich, dass auch 40 Jahre nach der grausamen Tat, die Anteilnahme unter den Landsleuten für den kosovarischen Volkshelden weiterhin groß ist.

Auch heute noch trägt die Familie Gervalla‘s ihren Teil zur politischen Lage im Kosovo bei. Die Tochter von Jusuf Gervalla, Donika Gervalla-Schwarz, die damals bei dem Attentat auf ihren Vater gerade einmal zehn Jahre alt war, setzte sich seit je her für die Belange ihrer Landsleute ein und ist heute eine kosovarische Politikerin.

Die 50-Jährige ist studierte Flötistin und Juristin und hatte ein bewegtes Leben in Kosovo, Albanien und Deutschland hinter sich und ist nun seit dem 22. März 2021 die zweite stellvertretende Ministerpräsidentin sowie Außenministerin der Republik Kosovo und so in ihr Heimatland zurückgekehrt. In ihrem Amt ist Gervalla-Schwarz unter anderem für die Auslandkosovaren zuständig und setzt sich vor allem auch für die Aufklärung der vielen Nachkriegsmorde im Land ein.

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